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CHRONIK 7
sich auch der Arbeiter Johann Nisik – war das der Wochen- beiter Johann und der Dienstmagd Maria, geborene Schug,
löhner N. aus dem Zeitungsartikel, der Vater des Zwölfjähri- geschlossen. Auch sie wohnte in Bundhorst, war allerdings
gen, der in Mettenhof zum Brandstifter wurde? Hatten die er- im Gegensatz zu ihrem Ehemann dem Standesbeamten nicht
wähnten Quarnbeker Eintragungen etwas damit zu tun? Bald von Person bekannt. Sie hatte sich deshalb durch ihr Dienst-
stellte sich heraus, dass die Nachforschungen durch die un- buch ausgewiesen. Außerdem war sie katholischer Religi-
terschiedliche Schreibweise des Familiennamens erschwert on. Das verwundert nicht, denn sie stammte aus Horhausen,
wurden: Nicik, Nischik, Nisic, Nisik, Nissik, Nisick – und Kreis Altenkirchen, im Westerwald. Dort wurde sie am 8.
doch ergab sich bald ein Familienmuster. Angemerkt sei, Februar 1881 geboren. Ihre ebenfalls verstorbenen Eltern
dass sich ein solcher irritierender Austausch von Konsonan- waren Anton Schug und Maria Magdalena, geb. Rüth. Der
ten (oder Vokalen) nicht nur durch Fehler beim Abschreiben Vater war von Beruf Bergmann – entweder im Westerwälder
von Namen in Urkunden einschlich, sondern auch bewusst Braunkohlenrevier oder im Eisenerzbergwerk. Die Wester-
als Anpassung an einen anderen Sprachraum erfolgte. wälder Bergbautradition endete erst im 20. Jahrhundert.
Im Archiv des Amtes Achterwehr fand sich eine weitere Vielleicht haben sich Johann und Maria durch Verwandte
Spur zu Familie Nisik aus Mettenhof: Am 11. Januar 1928, im Ruhrgebiet kennengelernt, denn auch der Name Schug
also wenige Wochen nach dem Großbrand, wurde laut Mel- ist mit direktem Bezug auf Horhausen in dem schon erwähn-
debuch der Gemeinde Melsdorf das Schulkind Johannes ten Gefallenenregister der Stadt Gelsenkirchen aufgeführt.
Nisik, geb. 19. September 1915 in Kluvensiek, damals also Ob es für das gemischtkonfessionelle Paar eine kirchliche
zwölfjährig, „zu den Erziehungsanstalten Ricklingen“ abge- Trauung gegeben hat, ist nicht bekannt, nach damaligem
meldet (Eintrag Nr. 63). Auf derselben Seite ist Jahre vorher Kirchenrecht eher unwahrscheinlich. Schon bald nach der
unter Nr. 49 vermerkt worden, dass sich der Deputatsknecht Eheschließung verließen beide Bundhorst, um sich in Klu-
Johann Nisick mit Frau und zwei Kindern am 3. November vensiek niederzulassen.
1919 in Melsdorf angemeldet hatte, dort eingetroffen am 1. Gut Kluvensiek mit seinem repräsentativen Herrenhaus liegt
November 1919. Als letzter Aufenthaltsort der Familie ist am ehemaligen Eiderkanal nahe der bekannten Kluvensie-
Kluvensiek eingetragen und unter der Spalte „Hierselbst ge- ker Schleuse. Am 1. Mai 1914 meldete sich Johann Nischick
nommene Wohnung“ steht „Mettenhof“. laut Meldebuch des Gutes Kluvensiek dort an. Aus dem Ge-
Der Mettenhofer Deputatsknecht Johann Nischik wurde am burtsregister Bovenau geht hervor, dass er dort in der Mei-
24. Juni 1865 in Masuren [Woiwodschaft Ermland-Masu- erei als Milchkutscher arbeitete. Das Backsteingebäude der
ren] in dem Dorf Karpa, Kreis Johannisburg [Powiat Piski] ehemaligen Meierei von 1870 ist, zum Wohnhaus umgebaut,
im südlichen Teil der ehemaligen Provinz Ostpreußen gebo- an der Straße von Bovenau nach Sehestedt noch vorhanden.
ren. Nicht weit von diesem Dorf verlief bis 1939 die polni- Ehepaar Nischik bekam in Kluvensiek die Söhne Johannes
sche Staatsgrenze. Seine verstorbenen Eltern waren Samuel (geb. 19. April 1915, getauft 19. Dezember 1915 – Eintrag
Nicik und Maria, geb. Piepiora. Der Beruf des Vaters war Standesamt Bovenau Nr. 39) und Walter (geb. 14. Mai 1917,
„Losmann“. Nach Wikipedia ist dies die Bezeichnung für getauft 20. Mai 1918 – Eintrag Standesamt Bovenau Nr. 9).
einen kleinen Feldpächter im ehemaligen Ostpreußen. Neu Dass der Vater während des Ersten Weltkriegs, der wenige
urbargemachte Flächen wurden den Pächtern per Los zuge- Wochen nach dem Umzug von Bundhorst nach Kluvensiek
teilt. Weil diese Flächen aber für den Lebensunterhalt einer am 2. August 1914 begonnen hatte, eingezogen wurde, ist
Familie nicht ausreichten, waren die „Losmänner“ gezwun- eher unwahrscheinlich. Vermutlich war er dafür mit damals
gen, zugleich als Tagelöhner in der Land-, Forst- oder Fisch- 49 Jahren schon zu alt. Bald nach Ende des Krieges im No-
wirtschaft zu arbeiten. vember 1918 war für Familie Nischick ein Schicksalsschlag
Johann Nischik war evangelisch getauft. Das Kirchspiel Tu- zu verkraften, denn am 1. Januar 1919 wurde standesamtlich
roscheln, zu dem auch Karpa gehörte, war Teil der altpreu- die Totgeburt eines dritten Sohnes eingetragen. Auffälliger-
ßischen Union, in der ab 1817 evangelisch-lutherischen und weise sind in diesem Zusammenhang erstmals beide Eltern-
reformierte Gemeinden in Preußen vereinigt worden waren. teile als evangelisch bezeichnet.
In Masuren waren damals Angehörige der katholischen Kir-
che, meistens Polen, eine Minderheit. Zwischen 1880 und
1914 allerdings gab es eine Gemeinsamkeit zwischen beiden
Volksgruppen: Die Auswanderung in das Ruhrgebiet, wo es NOTDIENST
durch die starke industrielle Entwicklung und den fl orieren-
den Bergbau ganz andere wirtschaftliche Perspektiven gab
als in Masuren. Ob auch Familienangehörige von Johann
Nischik auswanderten oder gar er selber, ist aktuell nicht
bekannt. Auffällig ist, dass z.B. in dem Gefallenenregister
der Stadt Gelsenkirchen für den Ersten Weltkrieg der Name
Nischik gleich dreimal vorkommt (Quelle: Wikipedia).
Aus der Heiratsurkunde von Johann Nischik geht hervor,
dass er 1914 in Schleswig-Holstein wohnte, genauer im TEL. 0431/13363 www.gwt-kiel.de
Gutsbezirk Bundhorst, ehemals adeliges Gut, später Teil
der Gemeinde Depenau, inzwischen zu Stolpe, Kreis Plön,
gehörend (Quelle: Standesamt des Amtes Bundhorst-Wan- Eichendorffstr. 64 · 24116 Kiel · Fax 14 15 0
Privat: Stefan Buhmann · Am Landkrug 4
kendorf). Am 26. April 1914 wurde von dem Standesbeam-
24107 Quarnbek/Stampe · Telefon 0 4340 / 90 84
ten Langmaack in Wankendorf die Ehe zwischen dem Ar-