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CHRONIK 5
Desmercieres Testament ihn interessieren, können ihn sogar beschäftigen und beun-
ruhigen bis zu einem Grade, der die Wahrscheinlichkeit über-
Die Initiative und das Engagement Gerlind Linds und Iris trifft!“ Ganz sicher hat in diesen Monaten, die er in seinem
Milberg-Schoellers für die Renovierung von Gruft und Sar- Haus in Kopenhagen und seinem Schlösschen „Sorgenfrei“
kophag haben dem Quarnbeker Gutsherr und Kirchenpatron verbrachte, sein kompliziertes Testament im Mittelpunkt die-
Jean Henri Desmercieres (*1687 in Paris – +1778 in Kopen- ses Interesses gestanden.
hagen) als Gönner der Gemeinde seinen Platz in der Erinne-
rung unserer Region zurückgegeben. Schon als 2009 große Auch das Testament selbst ist ein Beleg für die menschen-
finanzielle Anstrengungen zur Erneuerung des Kupferdaches freundliche Art des erfolgreichen Bankiers, Politikers im
der Flemhuder Kirche notwendig wurden, wurde ihm als Dienste dänischer Könige, Gutsherrn und Deichbauers in der
Stifter des ersten Kupferdaches von 1766 einige Aufmerk- Bredstedter Bucht. Seiner Familie, also seiner Frau Elisabeth
samkeit zuteil. Der Kirchenpatron finanzierte aber nicht nur Sophie, geb. Gräfin Frys sowie Mitgliedern der Familien sei-
das Dach, auch die Sanierung von Außenmauer und Dach- ner Stiefnichten Marguerite Fançoise und Anna Françoise
stuhl und der bis heute so charakteristische Dachreiter wur- Cassado de Monteleon hinterließ er bedeutende Legate. Da-
den von ihm bezahlt. Der Nachhall dieser Wohltaten findet bei handelte es sich um jährlich auszuzahlende Renten, die
sich in den Eintragungen Pastor Möllers anlässlich der Bei- innerhalb der Familie vererbt werden konnten und zeitlich
setzung in Flemhude im Juni 1779. Aber auch zehn Jahre unbegrenzt waren. Mit Legaten bedacht wurden auch die
später war Desmercieres im Gut unvergessen. Im Zu- Fränzösisch Reformierte Kirche von Kopenhagen, der Des-
sammenhang mit ärgerlichen und mühsamen Verhandlungen mercieres angehörte, und diejenige von Friedericia. Lebens-
mit der Kanalbaukommission zur Neuverpachtung der Fi- lange Renten gewährte er seinen Bediensteten in Kopenha-
scherei auf dem Flemhuder See erinnert sich der Gutsver- gen und in seiner Hofhaltung in Warleberg. Über zwanzig
walter Martens am 16. Februar 1788: „Der seelige Herr Ge- Namen enthält die Liste dieser Personen, darunter auch eine
heimrath von Desmercieres war seinen menschenfreund- Wäscherin und drei Küchendienstboten. Seine beiden Kut-
lichen Gesinnungen gemäß nicht der Mann, der nach Ablauf scher sowie den Warleberger Gärtner samt ihrer Familien ent-
der mit seinen Pachtleuten geschlossenen Contracte darauf ließ er überdies aus der Leibeigenschaft in die Freiheit. Al-
bedacht war, selbige zu erhöhen, er gönnte jedem, der unter len leibeigenen Hufnern, Kätnern und Knechten seiner Güter
ihm in seinen Gütern lebte, seinen gehörigen Unterhalt, ließ Warleberg, Quarnbek und Rathmannsdorff gewährte er eine
die Pachtungen wie sie waren, und je besser und leichter er jährliche Gratifikation, die auf die jeweiligen Nachfolger
es einem machen konnte, desto mehr Beruhigung und Zufrie- übertragbar war und damit einen dauerhaften Charakter ha-
denheit war es ihm.“ ben sollte. Ausdrücklich aber legt Desmercieres fest, diese
Regelung sei hinfällig, sobald sich die Verfassung seiner Gü-
Vielleicht mehr noch als durch seine Wohltaten und seine ter ändere, die Leibeigenschaft also aufgehoben würde. Hier
menschenfreundliche Art hat Desmercieres mit seinem Tes- zeigt sich Desmercieres zwar ganz als für seine „Unterta-
tament Einfluss auf die Jahrzehnte nach seinem Tode im Gut nen“ sorgender Patron, von den aufklärerischen Gedanken
Quarnbek genommen. Es ist datiert auf den 26. Mai 1777. der Bauernbefreiung und Gleichheit will er aber nichts wis-
Andreas Peter von Bernstorff, langjähriger Außenminister sen. Das ist insofern bemerkenswert als seine Landgewin-
des dänischen Gesamtstaates, hat in einem Brief vom 20. Ju- nungsunternehmungen an der Westküste selbstständig wirt-
li 1776 ein eindrucksvolles Bild des damals also mit fast 90 schaftende, freie Bauern voraussetzten und Desmercieres
Jahren hochbetagten Desmercieres gezeichnet: „Der Le- diese dort auch förderte.
benshauch, der Herrn des Mercières noch belebt, schwindet
langsamer dahin, als ich geglaubt habe. Wenn man ihn so in Für die Armen seiner drei Güter stiftete er ein jährliches Dau-
seinem Lehnstuhl sieht, leblos, ruhig und gelb wie eine Zi- erlegat von 60 Reichtalern. Sie sollten nach Bedürftigkeit an
trone, wird man sein Ende für nahe halten. Er bewahrt aller- die Insten verteilt werden. Ursprünglich hatte er der Kirche in
dings noch etwas von seiner Lebhaftigkeit, und die Dinge, die Flemhude 2000 Reichstaler übertragen – wie auch der Stadt
Schloss Sorgenfrei in Lyngby/Kopenhagen. Desmercieres Alterssitz Gedenktafeln für Jean Henri Desmercieres und die Eindeichungs-
war von 1769 bis 1800 im Besitz der Familie. (Archiv d. Verfassers) projekte in der Gemeinde Reußenköge in Nordfriesland