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CHRONIK                                                                                            13


          Noch eine andere Quarnbeker Spur führt zu den Ereignissen  krügen oder Waldlandschaften bis zu weinenden Mädchen.
          um die Schleswig-Holsteinische Erhebung. Schon seit et-  Solche Pfeifen werden z.B. in Rendsburg in den Museen im
          licher Zeit liegt mir die Kopie eines Briefes aus dem Jahre  Kulturzentrum aufbewahrt. Blau-weiß-rote Zierquasten am
          1852 vor, dessen Inhalt zum Thema dieses Aufsatzes passt.  Pfeifenstiel waren in der damaligen Zeit sicher kein Zufall;
          Das Original erwarb vor vielen Jahren der in der Gemeinde  aber noch eindeutiger weist eines der Museumsobjekte in die
          Quarnbek lebende Helmut Freund – eigentlich nur aus phil-  in unserem Brief beklagte politische Symbolik, weshalb sie
          atelistischem Interesse an dieser alten sogenannten Ganz -  stellvertretend für die Tabakspfeife des Schinkeler Knechts
          sache. Das Schreiben ist von der Polizeistelle in Eckernför-  kurz beschrieben wird:
          de an den Besitzer des Gutes Rosenkrantz gerichtet. Anlass
          des Briefes ist eine Meldung des Wachtmeisters in Landwehr  Auf dem Pfeifenkopf wird mit „Wanke nicht, mein Vater-
          (vermutlich im Teil nördlich des Kanals) wegen des antidäni-  land!“ die Schlusszeile der 1. und 7. Strophe des Schleswig-
          schen Verhaltens eines Knechtes. Im Herzogtum Schleswig  Holstein-Liedes zitiert, darüber zwei gekreuzte Schleswig-
          waren die Gutsbesitzer bis 1853 für die Rechtsprechung in  Holstein-Fahnen und ein Herzogshut. Letzterer ist vielleicht
          ihrem Gutsbezirk zuständig.                          eine Anspielung darauf, dass sich die Schleswiger und Hol-
                                                               steiner im 19. Jahrhundert lieber der Herrschaft des Augus -
          Meine bisherigen Nachforschungen ergaben, dass die Hof-  tenburger Herzogs unterstellt hätten, statt schließlich durch
          stelle, auf der dieser Knecht damals lebte, sehr wahrschein-  das Scheitern der Erhebung unter der aufgezwungenen Herr-
          lich in Schinkel liegt, an der Straße nach (Groß-)Königsförde.  schaft der Hohenzollern zu leben.
          Laut Chronik von Schinkel (Danielson, F., 1998/2000, Band
          1) waren im Gut Schinkel – seit 1828 Gut Rosenkrantz – be-
          reits 1787 die Leibeigenschaft abgeschafft und aus dem Guts -
          land neue Parzellen frei verkauft worden. Einer dieser neuen
          Schinkeler „Parcelisten“ war Claus Christopher Brüg(ch) -
          mann aus Gartz in Ostholstein. Aus dessen Besitz ging durch
          Teilung eine weitere Brügmann-Stelle hervor, deren Besitzer
          ab 1843 der Landwirt Cai Hinrich Brügmann war. Dessen
          Knecht Carl John war laut polizeilichem Schreiben von 1852
          nicht nur wegen antidänischer Äußerungen und durch das  Tabakspfeife mit Porzellankopf (44 cm lang, Ende 19. Jh.)
          Spielen des Schleswig-Holstein-Liedes auf der Handharmo-
          nika aufgefallen, sondern hatte gegen die öffentliche Ord-  Die hier dargestellten Quarnbeker Spuren zur Schleswig-
          nung auch durch zur Schau stellen einer Tabakspfeife versto-  Holsteinischen Erhebung sind nicht spektakulär und führen
          ßen, denn der Pfeifenkopf war mit dem „sogenannten“ Wap-  außerdem über die Grenzen unserer Gemeinde hinaus; aber
          pen und den Farben der Herzogtümer verziert.         gerade solche regionalen Verknüpfungen machen einen Reiz
                                                               ortshistorischer Arbeit aus. Vielleicht kann durch weitere
          Der Gebrauch dieser Symbole war aber bereits 1845 durch  Quellensuche demnächst auch die naheliegende Frage beant-
          den dänischen König verboten worden. Nicht nur die Dop-  wortet werden, was aus der Anzeige gegen den Knecht Carl
          pel eiche, gerade auch die der französischen Trikolore nach-  John geworden ist. Damit würde der in Quarnbek verwahrte
          empfundene blau-weiß-rote Fahne und das die beiden   Brief von 1852 als historisches Dokument vermutlich noch
            Herzogtümer repräsentierende Wappen, das die Schleswiger  gewichtiger.
          Löwen und das Holsteiner Nesselblatt vereint, waren damals
          öffentlichkeitswirksame antidänische Symbole.                                          Text: Gerlind Lind
                                                               Bildquellen:
          Solche mit Bildmotiven geschmückte Tabakspfeifen waren  – Archiv der AG Dorfchronik, Quarnbek (S. 11, S. 13 unten)
          im 19. Jahrhundert sehr verbreitet. Meistens waren es soge-  – Inka Rissmann, Groß Vollstedt (S. 12)
          nannte Reservistenpfeifen zur Erinnerung an die Militär-  – Museen im Kulturzentrum, Rendsburg
          dienstzeit, mit variantenreichem Bildschmuck von Bier -  (Inventarnr. 2526-a) (S. 13)




















          Umschrift aus Brief von 1852: ... „der bei dem Parcelisten Cai Brüggmann dienende Knecht Carl John eine Pfeife öffentlich an einem Fen-
          ster ausstellt, deren Kopf mit den verbotenen s.g. Schleswig-Holsteinischen Wappen und Farben verziert ist ...“
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