Page 12 - Quarnbek 25
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          tifizierte (vgl. Flemhuder Hefte 5, S.25 und Flemhuder Hef-  Stämme sind oft Wappenschilde angelehnt – bei unserer Fah-
          te 10, S.43).                                        ne von 1913, dem Jahr der 65. Wiederkehr der Erhebung,
                                                               zeittypisch das schleswig-holsteinische und das preußische.
          Eine weitreichende öffentliche Wirkung hatten damals die  Der Schriftzug „Up ewig ungedeelt“ tritt optisch gegenüber
          Sängerfeste, auch das bereits erwähnte im Juli 1844 in  dem „Mit Gott für König und Vaterland!“ auffällig zurück.
          Schleswig. „Erstmals weht hier die blau-weiß-rote Fahne ...,
          erstmals erklingt das Schleswig-Holstein-Lied ...Die vielen  Kombiniert wurden die Eichen häufig mit einem Gedenk-
          Reden und Toaste gelten den schleswig-holsteinischen Lan-  stein. „In größeren Städten konnten um 1898 durch Spen-
          desrechten, der Volksfreiheit und der >Staatseinheit aller  denaufrufe und Geldsammlungen repräsentative Denkmäler
          Deutschen<“ (Degn, Chr. s.o., S.224).                in Auftrag gegeben werde...Kleineren Gemeinden war es fi-
                                                               nanziell nicht möglich, ein aufwendiges Erinnerungsmal mit
          Weil es nicht möglich ist, in diesem Aufsatz auch nur an -  plastischem Schmuck zu errichten. Stattdessen griffen die
          nähernd die zahlreichen und facettenreichen Darstellungen  Einwohner...auf die kostengünstigste, aber populäre Variante
          über die in den Herzogtümern folgenden Ereignisse zu be-  des Denkmals zurück: Auf einer kleinen Grünfläche im Zen-
          rücksichtigen, konzentriere ich mich im Folgenden zunächst  trum der Ortschaft...wurde ein mit Gravur versehener Denk-
          auf das eingangs schon erwähnte Symbol der Doppeleiche,  stein aus Granit vor zwei Eichen plaziert...“ (Matthies, J. s.o.,
          die in der 7. Strophe des Schleswig-Holstein-Liedes kraftvoll  S.3). Manchmal wurde der Denkmalcharakter noch durch ein
          und demonstrativ besungen wird: „Teures Land, du Doppel -  “Ziergitter oder mit Ketten verbundene Granathülsen auf
          eiche unter einer Krone Dach, stehe fest und nimmer weiche,  Sockeln...“ betont (Matthies, J. s.o., S.13).
          wie der Feind auch dräuen mag!“ Das von C.G. Bellmann
          komponierte Lied mit dem von M.F. Chemnitz für das   Ein solches Ensemble wurde 2009 in Groß Vollstedt an sei-
          Schleswiger Sängerfest überarbeiteten und erheblich ver-  nen ursprünglichen Platz neben der Doppeleiche an der Dorf-
          schärften Text, ursprünglich von K.F. Straß, wurde zu einem  straße zurück versetzt. Vordergründig mag dieser Erinne-
          Nationalsymbol und weit über die Herzogtümer hinaus be-  rungsstein überhaupt nichts mit den hier interessierenden
          kannt. Schon das Titelblatt des Erstdruckes der Landeshym-  Quarnbeker Spuren zu tun haben. Doch dieses Denkmal wur-
          ne schmückt eine ausdrucksstarke, knorrige Doppeleiche.  de 1898 von dem Kriegsveteranen Detlef Hinrich Heuck zur
                                                               Erinnerung an seine verstorbenen Kameraden des Schleswig-
          Von März 1848 bis November 1850 manifestierte sich das  Holsteinischen Krieges (1848/49/50) seinem langjährigen
          Unabhängigkeitsstreben der Herzogtümer nicht nur in gra-  Wohnort Groß Vollstedt gestiftet. Eine Beziehung zu Quarn-
          vierenden Veränderungen bei den Regierungsinstitutionen,  bek ergibt sich dadurch, dass der Denkmalstifter 1906 auf
          sondern auch in drei kriegerischen Auseinandersetzungen,  dem Flemhuder Friedhof beerdigt worden ist. Von 1860 bis
          die aber, nicht zuletzt durch die Machtinteressen der europä-  etwa 1866 war er laut Felder Chronik Pächter der Brandsbe-
          ischen Großmächte, keine Lösung brachten. Von 1852 bis  ker Mühle. Heuck hatte 1864 die aus Brandsbek stammende
          1864 waren Schleswig und Holstein wieder fester Bestandteil  Emma Sievers geheiratet, die bereits 1866 verstarb und eben-
          des dänischen Gesamtstaates.                         falls in Flemhude beerdigt worden war. Brandsbek gehörte
                                                               ursprünglich zur Kirchengemeinde Flemhude. Erst zum
          Fünfzig Jahre nach dem Beginn der Erhebung war Schles-  1.1.1979 wurde dieser Ortsteil von Felde zur Kirchenge-
          wig-Holstein durch die Kriege von 1864 und 1866 zwar los-  meinde Westensee umgemeindet.
          gelöst von Dänemark, aber weiterhin kein selbständiger deut-
          scher Staat wie mit der Erhebung angestrebt, sondern seit
          1867 eine preußische Provinz. 1898 gab es dennoch einen
            regelrechten Erinnerungsboom an 1848, gesteigert vermut-
          lich noch durch die Euphorie nach Gründung des Deutschen
          Reiches 1871. „Gut ein halbes Jahrhundert nach der >Erfin-
          dung< der Doppeleiche als Zeichen für das unteilbare
          Schleswig-Holstein erreichte ihr Symbolwert seinen Höhe-
          punkt bei den Feiern zum 50. Jahrestag der Erhebung am 24.
          März 1898 (Matthies, J. s.o., S.8). Matthies schreibt in die-
          sem Zusammenhang, dass u.a. ein geschäftstüchtiger Gärtner
          aus Westerland auf Sylt damals landesweit zusammenver-
          edelte Eichen zur Erlangung von Doppeleichen vermarktete.  Denkmal in Groß Vollstedt
          Manchmal wurden auch einfach zwei getrennte Eichen in ein
          Pflanzloch eingesetzt, die dann allerdings eher V-förmig aus-
          einander strebten als eine perfekte Doppeleiche zu ergeben.

          Das Motiv der Doppeleiche findet sich seit 1848 auch in ei-
          ner  Vielzahl graphischer Gestaltungen. Charakteristische
          Elemente sind, wie auch bei dem Bildmotiv auf der Fahne des
          Flemhuder Kriegervereins, ein doppelstämmiger Baum,
          scheinbar aus einer Wurzel, erhöht vor einer Meereskulisse
          stehend („Schleswig-Holstein, meerumschlungen“). An die
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