Page 12 - Quarnbek 24
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                                                                            diese Entscheidung zu treffen hatte, war
                                                                            Fürst Heinrich XLIII. j. L. Reuß-Köstritz,
                                                                            zwischen 1783 und 1811 Besitzer von
                                                                            Quarnbek und den dazu gehörigen Dörfern.
                                                                            Mit unternehmerischen Initiativen war
                                                                            Heinrich XLIII. in sehr unterschiedlichen
                                                                            Bereichen aktiv. 1788 investierte er in die
                                                                            Neulandgewinnung an der schleswigschen
                                                                            Nordseeküste. Die „Reußenköge“ verdan-
                                                                            ken ihre Existenz dieser Aktivität. Ein Jahr
                                                                            später, 1789, ließ er in Köstritz, im heutigen
                                                                            Thüringen, für die Fürstliche Brauerei ein
                                                                            neues großzügiges Brauhaus und in mehre-
                                                                            ren anderen Städten Niederlassungen errich-
                                                                            ten.1810 führten die Aktivitäten allerdings
                                                                            zu einem Aufsehen erregenden Konkurs.
          Auf der topographischen Karte von 1877 ist der Erschließungsweg
          des Ausbaugebiets gut zu erkennen. Dem Bau und Ausbau des Nord-
          Ostsee-Kanals fielen später der nordwestliche Teil des Weges und  Die Quarnbeker Investitionsentscheidungen fielen in die Zeit
          auch Anbauflächen einer der Holmer Halbhufen zum Opfer. (Mit  der Aufhebung des gutswirtschaftlichen Systems. Zu diesen
          Genehmigung des Landesvermessungsamts Schleswig-Holstein)  Veränderungen gehörte auch die Aufhebung der Leibeigen-
                                                               schaft. Kennzeichen des gutswirtschaftlichen Systems war,
          ste. In der Tat lässt sich der Halbhufner bereits in der ältesten  dass die Haupteinnahmen aus der Wirtschaftstätigkeit, also
          Volkszählung für das adlige Gut Quarnbek von 1803 fest-  mit dem Verkauf von Produkten des Haupthofes, erzielt wur-
          stellen. Als siebenjähriger lebte er 1803 mit seinen Eltern,  den. Der Beitrag der Hufen in den Gutsdörfern bestand nur
          dem 31jährigen Hans Friedrich und der 30jährigen Sophie  darin, die Knechte und Mägde für die sogenannten Hofdien-
          Albert sowie den beiden jüngeren Schwestern Elsabe und So-  ste, also die Arbeit auf den Feldern des Haupthofes zu stel-
          phie in „einzeln liegenden Häusern bei Flemhude“. Auch in  len und Gespanne bereitzuhalten.
          den folgenden Volkszählungen von 1835 und 1840 lässt sich
          die Familie sicher identifizieren, allerdings unter wechseln-  Nach der Aufhebung des gutswirtschaftlichen Systems beka-
          den Ortsbezeichnungen.1835 wird das  Wohngebäude als  men die Hufner Zeitpachtverträge mit einer Laufzeit von
          „einzelnes Haus Holm“ und 1840 als „ausgebaute Häuser ge-  1797 bis 1827. So wurden aus Leibeigenen selbstständig
          nannt Holm“ bezeichnet. Offenbar gab es bis 1845 keine  wirtschaftende Pächter. Der Gutsherr hatte nun zwar durch
          feste Ortsbezeichnung für die Halbhufe.              die Pacht höhere Geldeinnahmen, musste aber die bisher für
                                                               ihn kostenlosen Hofdienste der Knechte und Mägde durch
          Die Erklärung findet sich in einem Verzeichnis aller Fami-  andere Arbeitskräfte ersetzen. Vor diesem Hintergrund wer-
          lienstellen im Gut Quarnbek von 1805. Die einzelnen Stellen  den die Investitionen Fürst Heinrichs verständlich und nach-
          werden nach Dorfschaften aufgeführt. Neben den Pächtern  vollziehbar: Durch die Verkleinerung des Hoffeldes und die
          von Stampe, Rajensdorf und Melsdorf werden hier unter der  Einrichtung von Halbhufen in relativ abgelegenen Bereichen
          Bezeichnung „Ausbauer auf dem Hoffeld bey Landwehr &  des Gutes – wie dem Holm – wurde mit der Pacht eine neue
          Stamp“ fünf Halbhufen und 16 Achtelhufen aufgelistet. Als  Einnahmequelle bei gleichzeitiger Verminderung der not-
          Zeitpächter einer der Halbhufen ist „H. Fr. Albert“ vermerkt.  wendigen Arbeiten erschlossen. Die kleinen Katenstellen
          Die Formulierung deutet darauf hin, dass irgendwann nicht  konnten mit Tagelöhnern besetzt werden, die vertraglich zu
          lange vor 1805 eine Erweiterung der bäuerlichen Siedlungs-  Arbeiten auf dem Haupthof verpflichtet wurden und damit
          fläche auf Hofland, also ehemals vom Gut selbst bewirt-  die Hofdienste ersetzen konnten.
          schaftetem Land, stattgefunden haben wird. Dieser „Ausbau“
          ist auch auf den Landkarten recht deutlich nachvollziehbar.
          Die sogenannte Varendorfsche Karte von 1789/1796 zeigt in
          dem Gebiet zwischen Strohbrück und dem Flemhuder See
          keine Siedlungen, bei Bruun 1810 sind die Halbhufen dage-
          gen gut auszumachen - allerdings noch ohne den Verbin-
          dungsweg. Der Holmer  Weg mit einer  Verbindung nach
          Holzkoppel ist in die Karte der ersten preußischen Landes-
          aufnahme von 1877 eingetragen. Entlang des Weges sind die
          beiden Holmer Halbhufen, die Halbhufe Holzkoppel und
          weitere Katengebäude eingezeichnet. Wo die beiden anderen
          „ausgebauten“ Halbhufen und weitere Katen lagen, muss
          noch offen bleiben.

          Die Einrichtung, Vermessung und Ausrüstung von fünf Halb-
          hufen und 16 Achtelhufen stellten eine erhebliche Investition,  Die Anlage des Holmer Weges geht auf eine Erschließungsmaß-
          die sich mittelfristig rentieren musste, dar. Der Gutsherr, der  nahme Fürst Heinrichs XLIII. Reuß-Köstritz kurz vor 1800 zurück
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