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CHRONIK 11
„Ausbaustelle“ Holzkoppel Als ich dann zum ersten Mal – wohl anlässlich eines Kinder-
geburtstages – nach Holzkoppel kam, war ich schwer beein-
Im April 1960 lernte ich Hans- druckt und wohl auch ein wenig neidisch. So wie dieser Hof
Jürgen Früchting kennen. Da- hatte, meiner damaligen Vorstellung nach, ein richtiger Bau-
mals wurden wir beide in die ernhof auszusehen. Ich musste mir still eingestehen, dass un-
erste Klasse der Volksschule sere damals gerade sieben Jahre alte Siedlungsstelle in Rei-
Stampe eingeschult. „Fräulein“ mershof mit dem alten Fachwerk, dem Strohdach, der Scheune
Rabsch, unsere Lehrerin, hatte und der abgeschlossenen Hofanlage nicht mithalten konnte.
uns nebeneinander in eine Besonders fasziniert war ich aber von dem gewaltigen, sab-
Bank gesetzt. Was sie dazu be- bernden Bernhardiner und den Geschichten von den Rettungs-
wogen haben mag, weiß ich einsätzen dieser Hunde bei Lawinenunglücken in den Alpen.
nicht. Vielleicht hat sie über-
Vogelschießen 1963 in Stroh- legt, dass wir beide aus ziem- Diese Erinnerung ließ mich jetzt bei der Auswertung der
brück: vorn Hans-Jürgen lich abgelegenen Ortsteilen ka- Volkszählungsprotokolle für das adlige Gut Quarnbek im 19.
Früchting, dahinter der men. Hans-Jürgen kam aus
Verfasser Jahrhundert besonders aufmerksam nach den Bewohnern von
Holzkoppel, dem westlichsten Holzkoppel fahnden. Zu meiner Überraschung datiert die er-
Gehöft, ich aus Reimershof, dem östlichsten Ortsteil des ste Erwähnung erst aus dem Jahr 1845. Genannt wird in dem
Schuleinzugsbereichs. Vielleicht meinte sie auch, dass wir Protokoll der damals 48jährige Johann Hinrich Albert, der
uns als Bauernsöhne besonders gut verstehen würden. Viel- mit seiner Familie als „Halbhufner“ in „Holzkoppel“ lebte.
leicht waren wir aber auch einfach nur übriggeblieben, weil Mit dem Begriff „Halbhufe“ ist ein landwirtschaftlicher Be-
wir, anders als die anderen Erstklässler, niemanden kannten, trieb von 28 Tonnen (etwa 16 Hektar) beschrieben. Als sein
neben den wir uns hätten setzen können. Für uns war es die Geburtsort ist ebenfalls „Holzkoppel“ angegeben. Das wür-
richtige Entscheidung. Wir verstanden uns prima und hatten de bedeuten, dass die Halbhufe bereits spätestens 1797, dem
viel Spaß – der Meinung von „Fräulein“ Rabsch nach – Geburtsjahr Johann Hinrich Alberts, bestanden haben müs-
manchmal auch zuviel Spaß. Außerhalb des Unterrichts sa-
hen wir uns aber selten. Durch den Schichtunterricht hatten
wir in jeder zweiten Woche nachmittags Schule. Die Entfer-
nung war wohl auch zu groß, und auf den Bauernhöfen un-
serer Eltern gab es immer etwas zu tun.
Die alte Herdstelle der Halbhufe Holzkoppel ist erhalten geblie-
ben (Foto von Jürgen H. Ibs)
Der Blick in die Diele des Bauernhauses in Kiel-Krusenkoppel
Die „Halbhufe Holzkoppel“ 1977 mit Robert Früchting und sei- von 1910 vermittelt einen Eindruck davon, wie die Diele der Halb-
nem Bernhardiner (Foto von Reinhard Gast) hufe Holzkoppel zur gleichen Zeit ausgesehen haben mag