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CHRONIK 9
DER ROTE FADEN FÜR ALLE MOBILEN GÜTER
Titelblatt des Sammelsteckbriefs, in dem alle Personenangaben der Leasing · Finanzierung · Mietkauf
am 26. November 1794 festgesetzten Bettler zusammengefasst von Fahrzeugen & mobilen Gütern
wurden, um bei einer späteren „Bettlerjagd“ „Wiederholungstäter“ Handel mit Fahrzeugen
feststellen zu können. (Landesarchiv Schleswig)
„Heimatrecht“ konnten sie auf Unterstützung aus der Armen-
kasse rechnen. Insgesamt entstanden der Warleberger Guts -
kasse für Unterhaltung und Transport Kosten in Höhe von
sechs Reichstalern und acht Schillingen. Weitere 13 Reich-
staler und zwölf Schillinge wurden für die Kasse des Gutes
Damp für die Verköstigung des Bettlers Johann Rudolf Hol- Dirk Schacht
ler fällig. Dieser war bei der Aktion im November 1794 auf
Lenura GmbH
dem Gebiet des Gutes Damp in Schwansen aufgegriffen und
Geschäftsstelle Kiel Tel. 0431- 56 0167 60
festgesetzt worden. Sein „Heimatgut“ – Warleberg – musste Lornsenstraße 30 Fax 0431- 56 0167 61
24105 Kiel Mobil 0170 - 40 33 878
für die Unterhaltung und den Rücktransport aufkommen.
Die von den Gutsgerichtshaltern erhobenen Personenaus- info@lenura.de
künfte der Bettler wurden steckbriefartig für eine alphabeti-
sche Liste gesammelt. Da die Liste für Holstein aufbewahrt
wurde, sind auch die Angaben der in Quarnbek aufgegriffe-
nen Bettler erhalten geblieben. Einen Eindruck vermitteln die
Angaben zu Johann von dem Berg. Er sei „angeblich 69 Jahr,
aus Groeningen, seit 1782 sey er von dem Regimente Bor-
meior desertirt und habe sich im hiesigen Lande und
Hannoeverschen mit Kesselflicken und Betteln ernährt; mit
Johanna Petersen, angeblich seine Frau, geborene Karrn, ihr
Alter wisse sie nicht, angehalten auf dem Gute Quarnbeck
und außer Landes transportiret.“
Trotz seiner drastischen Wortwahl bei der Bezeichnung der
Jagd auf Bettler war der Marutendorfer Gutsbesitzer v. Wibel
doch ganz und gar unzufrieden mit dem Umgang mit den
Bettlern. Die Jagden seien völlig unnütz, denn die Bettler
hielten sich während der Jagden verborgen, da sie meist ge-
warnt würden. Aufgegriffene Bettler gäben häufig falsche
Herkunftsorte an, was eine Vielzahl unnötiger und kostspie-
liger Fahrten zur Folge habe. Für die in seinem Gut Verarm-
ten habe er in Schönwohld ein Armenhaus eingerichtet und
mit einer Summe zur Versorgung von vier Personen ausge-
stattet. Die Lösung des sozialen Problems sieht Wibel in der
Einrichtung von Arbeitshäusern. Die Festung Rendsburg sei
dafür ein sehr geeigneter Ort. Ausgediente Unteroffiziere
könnten als Werkmeister eingesetzt werden. Nicht Strafe,
sondern „Arbeit und Unterhalt“ würden die Bettler dort er-
warten und den Vorstellungen der Zeit folgend, glaubte
Wibel, dass schon bald „Fleiß und Betriebsamkeit an die
Stelle der Faulheit“ treten würden. Die Kosten der Werkhäu-
ser für Ämter, Klöster und adlige Güter würden sich auf diese
Weise bald verringern, so glaubte Wibel.
Karsten Dölger