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10 CHRONIK
Altäre von Theodor Allers Glaube bzw. Petrus und Paulus) und die dekorativen, liegen-
den bzw. stehenden Figuren im oberen Geschoss. Dieser zu-
Schon vor Jahren hatte Pastor Hermann Kobold in einem sätzliche großfigürliche Schmuck fehlt nur bei dem Hohen-
Vortrag über den „Ritter und Patron“ Hans Henrich von steiner Altaraufsatz, der insgesamt kleiner ist.
Kielmansegg hervorgehoben: „Die bedeutendste Stiftung Dieser Altar hat als Hauptmotiv die Ecce Homo-Szene (der
war der Altar, den Hans Henrich durch den Kieler Bildhauer zur Schau gestellte, gebundene Jesus vor Pilatus) – diese ist
Theodor Allers anfertigen ließ [aufgestellt 1685]… Der in Flemhude und in Probsteierhagen das Bildmotiv des obe-
Flemhuder Altar ist offenbar Allers‘ Erstlingswerk gewe- ren Geschosses. Das Obergeschoss ist in Hohenstein mit ei-
sen… mit dem der junge Künstler sich im Lande empfahl. nem segnenden Christus gestaltet. In Tellingstedt befindet
Bald darauf nahm ihn der [Gottorfer] Herzog mit festem Ge- sich an dieser exponierten Stelle das Wappen von Tönning.
halt in seinen Dienst…“ (kopiertes Manuskript 1990, S.10). Das Hauptmotiv des Flemhuder Altars, der betende Jesus im
Pastor Uwe Baumgarte schreibt mit Bezug auf den Flemhu- Garten Gethsemane, wiederholt sich in Probsteierhagen und
der Altar, dass es dem erst 1684 in den Norden gekommenen Tellingstedt fast einer Kopie ähnlich; aber feine Nuancen zei-
Theodor Allers schnell gelang, „mit seinem Musterkoffer gen, dass diese Altäre trotz der sofort ins Auge fallenden ge-
Eindruck zu erwecken“, denn „der Altar traf offenbar … prä- meinsamen Elemente „keine Fließbandprodukte“ sind, wie
zise den Zeitgeschmack [Barockzeit]…“ (Flemhuder Hefte 2, Baumgarten (s.o. S.40) betont.
S.40). Das ist nicht salopp dahin gesagt, sondern das Flem- Bei dem Tellingstedter Altar fällt die starke Farbigkeit in
huder Erstlingswerk des in Kiel lebenden Steinbildhauers Goldtönen auf im Kontrast zu den drei anderen, deren weiß-
und Holzschnitzers Theodor Allers brachte nachweislich wei- gelbliche Bemalung eher an Alabaster erinnert. Zumindest
tere Aufträge für Altäre, genauer für Altaraufsätze, die auf für den Altar in Probsteierhagen wird eine ehemals bunte far-
dem Altarblock stehen. bige Fassung nicht ausgeschlossen.
„Nachschöpfungen“ des Flemhuder Altars, wie Kobold es Am wenigsten gleichen sich die vier Altaraufsätze in ihrer Be-
ausdrückte, stehen krönung über dem Obergeschoss. In Flemhude rankt sehr üp-
1. in der Kirche zu Hohenstein (Landkreis Ostholstein, an pig eine Akanthusverzierung, in Hohenstein bildet die Bekrö-
der B 202 zwischen Weißenhaus und Oldenburg i.H. nahe nung ein barockes Kruzifix an einem Astkreuz, in Probsteier-
dem Gut Farve), datiert 1688; hagen zeigt diese einen Strahlenkranz mit dem bekannten
2. in der St. Katharinen-Kirche zu Probsteierhagen (Land- Vierfachzeichen für den alttestamentlichen Namen Gottes und
kreis Plön, Straße von Kiel nach Schönberg), datiert 1695; in Tellingstedt bekrönt ein großes Schriftmedaillon den Altar.
3. in der St. Martin-Kirche in Tellingstedt (Landkreis Dith- Alle vier Altäre von Theodor Allers haben im Laufe der Zeit
marschen, B 203 von Rendsburg nach Heide), datiert 1699. in dem sie umgebenden Raum Veränderungen erfahren. In
An diesem Ort wurde der Altar erst am 11. November Probsteierhagen wurde der Chor um 1730 reich mit Stucka-
1745 aufgerichtet – dem Martinstag. Seit 1699 hatte die- turen und einer Gewölbemalerei verziert, was an die barocke
ser Altar in der damals neu erbauten Garnisonkirche in Pracht süddeutscher Kirchen erinnert. In Flemhude wurde
Tönning gestanden, die aber infolge der Schleifung der 1765 eine neue, nun vergipste Decke mit Profilrahmen und
Festung 1744 abgerissen wurde. Rokoko-Medaillon eingezogen. Der Hohensteiner Altar steht
Diese Schnitzaltäre habe ich inzwischen bei meinen Wande- seit 1839/40 in dem schlichten Chor der im neugotischen Stil
rungen in Schleswig-Holstein anschauen können. Weil es erneuerten Kirche und der Tellingstedter steht, wie bereits er-
irgendwie anrührt, wenn man in fremden Kirchen einem Stück wähnt, seit 1744/45 in einem Kirchenraum, für den er gar
Flemhude gegenüber steht, das einem so vertraut ist, habe ich nicht geschaffen wurde.
diese Altäre mit den nebenstehenden Fotos dokumentiert. Und doch ist die Wirkung dieser spätbarocken Altaraufsätze
Diese vier zweistöckigen, spätbarocken Altaraufsätze sind beeindruckend geblieben, wirken sie auch heute noch auf den
alle zeittypisch mit breitem Akanthusgerank und verspielten Betrachter im Sinne der Inschrift auf dem Medaillon der Al-
Putten verziert - damals sehr beliebte Schmuckelemente. Die tarbekrönung in der Tellingstedter Kirche: „Gott zu Ehren
Bildszenen, alle der Passionsgeschichte entnommen und als und der Kirchen zur Zierde“.
Halbreliefs geschnitzt, werden von Säulen, auch Säulenpaa- Trotz intensiver Forschungsarbeit ist bisher nichts über Alter
ren, mit Marmor imitierender Bemalung eingerahmt. Zusätz- und Herkunft des Künstlers Theodor Allers bekannt, der
liche Tiefe entsteht jeweils durch die vollplastischen Begleit- 1704 verstarb.
figuren in den Seitennischen des Untergeschosses (Liebe und Text: Gerlind Lind; Fotos: Gerlind Lind (6), Kai Zarp (2)
St. Georg- und Mauritius- Kirche in Hohenstein St. Katharinen-Kirche St. Martins-Kirche
Kirche Flemhude Probsteierhagen Tellingstedt