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GESCHICHTEN VON MATTHIAS STÜHRWOHLDT 13
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am Lenkrad gut fest halten, und zeigte mir einen Punkt
irgendwo am anderen Ende der Koppel, am Horizont sozu-
sagen: „Darauf fährst du zu!“ Dann sprang er ab. Und ich war
allein, allein auf dem Trecker, dessen zirka 34 PS starker, wü-
tender Motor enthemmt brüllte.
Nach einigen Augenblicken völliger Panik beruhigte ich
mich etwas. An Kupplung, Bremse und Gas kam ich nicht
ran, denn meine Beine baumelten in der Luft. Halb so
schlimm; wir waren ja am Steine Sammeln, das hieß: Stand-
gas im langsamsten Gang. Mit grob geschätzten zwei Stun-
denkilometern brauste ich über die Koppel und versuchte,
den fernen Punkt am Horizont zu fixieren. Leider war mir die
Stelle schon wieder entfallen – die Knicks und Zäune und
Hügel sahen überall gleich aus. Selbst als ich versuchte, auf
die Stelle am anderen Ende der Koppel zuzulenken: Es war
unmöglich. Es sollte noch lange Zeit vergehen, bis die Ser-
volenkung an Ackerschleppern Einzug in den landwirt-
schaftlichen Alltag hielt. Ich konnte am Steuerrad herumrei-
ßen, wie ich wollte: Das Ding bewegte sich nicht, und ich
eierte planlos auf dem Feld herum.
Meinem Vater blieb das nicht verborgen. Jedes Mal, wenn er
bemerkte, dass ich wieder vom rechten Weg abkam, dann
ging er zum Trecker. Er blickte mich kurz an, schimpfte aber
nicht, denn er wusste, dass ich noch reichlich klein zum Trek-
ker fahren war. Er nahm einfach das Vorderrad in seine gro-
ßen Hände und riss es zurück in die Spur. Mein kleiner, dicker
Vater war so wahnsinnig stark! Er lenkte den Trecker einfach
von unten! Das Lenkrad drehte sich dann oben und verknote-
te meine Arme. Schließlich hatte Vater mir befohlen, gut fest
zu halten. Von Loslassen war nicht die Rede gewesen.
Derart eingedreht, hatten meine Arme den Drang, sich zu
entwirren. Dabei entwickelten sie solch eine Eigendynamik,
dass der Trecker, kaum hatte mein Vater ihn wieder einge-
nordet, sofort erneut auf die schiefe Bahn geriet. So pendel-
ten wir über den Acker, der Trecker und ich, bis mein Vater
am Ende der Koppel kurz auf die Zugmaschine gesprungen
kam, um eine 1-A-Wendung hinzulegen. Jetzt ging es in die
andere Richtung, und das Pendelspiel von Neuem los.
Irgendwie brachten wir das Steine Sammeln schließlich in
Würde zu ende. Die Erwachsenen freuten sich darüber, wie
tapfer ich mich am Steuerrad fest gehalten hatte, und noch
heute sind meine Arme von erstaunlicher Elastizität.