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CHRONIK                                                                                            11


          Quarnbek und die Rantzau-Tafel                       Kontakte weit über die Grenzen der Herzogtümer hinaus
                                                               pflegte. Einer dieser Korrespondenzpartner war der Kölner
          „Quarnebeck ... ist ein feiner wolgelegener Hoff“ – mit solch  Dechant (ein hoher katholischer Geistlicher) Georg Braun.
          freundlichen Worten umschreibt Caspar Danckwerth 1652 in  Dieser  arbeitete zusammen mit dem noch heute bekannten
          seiner Neuen Landesbeschreibung der beiden Herzogtümer  Kupferstecher Franz Hogenberg an einem äußerst anspruchs-
          Schleswig und Holstein das Gut Quarnbek (vgl. Flemhuder  vollen und umfangreichen Werk mit Ansichten europäischer
          Hefte 7, S. 14). Mit dem Gut Quarnbek wird unter histori-  Städte (6 Bände, gedruckt ab 1572). Heinrich Rantzau be -
          schen Gesichtspunkten seit langem vor allem das denkmal-  tätigte sich an diesem Vorhaben nicht nur als Mäzen, son-
          geschützte Torhaus in Verbindung gebracht. Das wurde aber  dern er nutzte voller Heimatstolz seinen Einfluss, an
          erst etliche Jahre nach dem Druck der Danckwerthschen  Braun/Hogenberg für deren Werk zahlreiche Bildvorlagen
          Landesbeschreibung erbaut, genauer 1667 bis 1673, wie in  von Orte aus Jütland und den beiden Herzogtümern zur Ver-
          einem Aufsatz von J. M. Neumann über barocke Torhäuser zu  öffentlichung zu schicken (vgl. dazu Kamphausen, Alfred:
          lesen ist (Rendsburger Jahrbuch 2003, S. 63 ff).     Schleswig-Holsteinische Städte einst und jetzt; Kiel 1970).

          Bedeutender Mittelpunkt der Quarnbeker Hofanlage war
          vorher allein die Wasserburg. Danckwerth vermerkt in sei-
          nem Text über Quarnbek dazu, dass der feine, wohlgelegene
          Hof vor Jahren „lange bey dem Hoch Edlen Geschlechte der
          Rantzowen gewesen“ ist. Nach der bisherigen Quellenlage
          war das die Zeit etwa von 1439 bis 1605. Die Wasserburg als
          Herrenhaus ließ vermutlich Christopher Rantzau nach 1543
          erbauen.

          Die Rantzaus gehörten zum Uradel der schleswig-holsteini-
          schen Ritterschaft. Über etliche Jahrhunderte waren Mitglie-
          der dieser in verschiedene Linien weitverzweigten Adelsfa-
          milie in den Herzogtümern Schleswig und Holstein politisch
          und wirtschaftlich äußerst einflussreich. Für unseren lokalen
          Quarnbeker Bezug ist Heinrich Rantzau (1526-1598) aus der
          Breitenburger-Linie von besonderem Interesse.

          Er war nicht nur Amtmann von Segeberg, sondern amtierte  Die Rantzausche Tafel: Das Ölgemälde als Hauptbild (78x54 cm)
          von 1556 bis 1598 im königlich-dänischen Anteil der Her-  zeigt auf einem reich gestalteten Hintergrund auf 141 Namenschil-
          zogtümer Schleswig und Holstein als Statthalter, d. h. als Ver-  den den Stammbaum der Familie Rantzau. Auf dem Rand aus
                                                                 Eichenholz sind 50 der Besitzungen der bedeutenden Adelsfamilie
          treter des Königs. Heinrich Rantzau wird in der Fachliteratur
                                                               dargestellt, darunter auch in der Mitter der linken Seite die Was-
          ein breites Spektrum an Eigenschaften zugeschrieben: Er sei  serburg Quarnbek.
          sehr klug und gebildet gewesen, weltläufig und geschäfts -
          tüchtig, staatsmännisch und finanzkräftig, dazu eitel und
          stolz und er habe einen fast fürstlichen Lebensstil gepflegt.  1586 fertigte Franz Hogenberg in Köln als Kupferstich auch
          Heinrich Rantzau hinterließ seine Spuren als Gelehrter,  den „Stammbaum der edlen und alten Familie der Rantzaus ...“,
            Autor, Bauherr, Gutsherr, Humanist.                wie aus einer Inschrift auf der Stammtafel hervor geht (in
                                                               zwei  Versionen veröffentlicht 1587 und 1590).  Auf dem
          Dieser Mann war geprägt von der sich in Deutschland seit    Titelblatt von „Flemhuder Hefte 2“ ist daraus der Kupferstich
          Mitte des 16. Jahrhunderts mehr und mehr verbreitenden Ge-  der Wasserburg Quarnbek abgebildet. Neben diesen beiden
          dankenwelt der Renaissance. Vielen ist dieser Begriff als  eine  Kupferstichen gibt es von dem Rantzauschen Stammbaum
          Stilrichtung der Baukunst bekannt, gekennzeichnet durch  zeitgleich noch ein Ölgemälde mit einem breiten Eichen-
          den Bezug auf antikisierend klare, monumentale Formen, ge-  holzrahmen. Dieses Gemälde ist nicht nur für Familienfor-
          paart mit einem ausgeprägten Hang zur Verzierung mit Säu-  scher interessant. Auf dem Rand oberhalb sowie rechts und
          len, Erkern, Giebeln usw. Zugleich veränderte sich in dieser  links des Hauptbildes mit dem eigentlichen Stammbaum, der
          Zeit auch das christlich-mittelalterliche Selbstverständnis,  unterlegt ist mit Bildern von bedeutenden Begebenheiten aus
          besonders bei den Gebildeten und Begüterten. Zwar herrsch-  der Familiengeschichte, sind sehr klein 50 der rund 70 Bur-
          te noch kein barockes Lebensgefühl vor, aber der Mensch,  gen und Herrenhäuser aufgemalt, die Ende des 16. Jahrhun-
          das Individuum sah sich mehr und mehr als Mittelpunkt der  derts zum Besitz der Rantzaus gehörten. Diese reiche Bebil-
          Welt, sah sein Selbstverständnis nicht mehr hauptsächlich  derung hat vermutlich viel mit der zeittypischen Freude an
          durch das Jenseits bestimmt, sondern wandte sich dem Dies-  der Selbstdarstellung und dem Streben nach Nachruhm zu
          seits zu.                                            tun.

          Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch die beein -  In der Mitte der linken Randleiste ist die Wasserburg Quarn-
          druckende Darstellung des Stammbaums der bedeutenden  bek als „Arx cvarnebicia“ abgebildet – inwieweit naturge-
          Adelsfamilie Rantzau. Auftraggeber war der bereits charak-  treu, ist nicht abschließend geklärt (vgl. „Unsere schöne Ge-
          terisierte Heinrich Rantzau, der u. a. umfangreiche briefliche  meinde Quarnbek“, Ausgabe 13, 2/2007, S. 15 ff.). Dieses
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