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CHRONIK 13
zwischen wieder vielzitierte Direktvermarktung ihrer Pro- Erschwert wurde in diesen Jahren die alltägliche Arbeit auch
dukte. Die Ware wurde bis Anfang der fünfziger Jahre mit durch die allgemeine Materialknappheit. Immer wieder mus-
Pferd und Wagen zum Markt transportiert. Der Marktstand sten gebrauchte Nägel und Krampen zur Wiederverwertung
von Steffens hatte eine besonders attraktive Lage: Es war ein geradegeklopft werden, selbst Stacheldraht für den Zaun gab
Eckstand mitten auf dem Exer, so dass die Leute gleich von es nur auf Bezugsschein, erinnert sich Hans Steffen. Es war
zwei Seiten an dem Gemüsestand vorbeigingen. Angemerkt die Zeit des Sammelns und Aufbewahrens. Der Nachbar
sei, dass auch Familie Büll im heutigen Petersilienweg in Günther in Rajensdorf sagte damals oft: “Allns wat grödder
Stampe gewerbsmäßig Gemüse anbaute , aber sie belieferte is asn Luus mutt mit to huus.”
anfangs vor allem Kieler Läden. Nach Kriegsende kamen die Kieler in ihrer Not mit
Schon als Kind musste Hans Steffen zuhause täglich tüchtig Rucksäcken zu Fuß auch zum Gemüsebauern Steffen in Spit-
mit anpacken. In der Saison bekam er dafür von Lehrer Ko- zenrade. Wenn der Vater Emil Steffen morgens gegen 6 Uhr
nagel samstags extra schulfrei. Ein Spaß war das für ihn aber zum Melken der vier Kühe mit der Schiebkarre über seinen
trotzdem nicht, denn er hatte z.B. zum Anbinden der vielen Hof wollte, hatte er oft Mühe, durch die bereits wartenden
Tomatenpflanzen “Stöcker” im Knick zu suchen, große Men- Menschen, die Pflanzen oder Gemüse kaufen wollten, hin-
gen von Wurzeln mit Papierband zu bündeln und zu pikieren, durch zu kommen. An Geld war kein Mangel, aber man
zu pikieren... Letzteres war nicht nur ermüdend, sondern in konnte nichts damit anfangen, weil es infolge des Krieges
den Kriegsjahren manchmal auch sehr schmerzhaft. Die kaum Waren gab. Erst nach der Währungsreform im Juni
scharfen Splitter der Flakgeschosse schlugen in die Früh- 1948 normalisierte sich die Lage wieder - die Menschen
beetfenster oftmals kleine Löcher und landeten in den Mist- kauften nun, nachdem sie wieder satt wurden, sogar wieder
beeten. Die Metallstückchen waren meist schnell gefunden, Blumen, was die Mutter Christine Steffen besonders freute,
aber die winzigen Glassplitter in der Erde waren eine Tortur denn sie war gelernte Blumenbinderin.
für die Finger beim Pflanzenpikieren. Nach und nach übernahm Hans Steffen das Verkaufen von
Hans Steffen erwähnte auch, dass alle Bauern in Quarnbek, Pflanzen und Gemüse auf dem Exer. Ab 1953 fuhr er nicht
auch das Gut, in der Kriegszeit verpflichtet waren, für die mehr mit dem Pferdewagen sondern mit dem Trecker zum
Volksernährung Gemüse anzubauen. Dafür mussten sogar Wochenmarkt, inzwischen mittwochs und samstags das
Weideflächen umgepflügt werden. Aus Kiel wurden leere ganze Jahr über. Mitte der sechziger Jahre entschied er sich
Holzkisten angeliefert, die nach einem behördlich festgeleg- aber, der Haltung von Kühen gegenüber dem Gemüseanbau
ten Soll zu füllen und abzuliefern waren. Für die Bauern war den Vorzug zu geben. Der Gemüseverkauf auf dem Markt
die Bescheinigung der korrekten Ablieferung (auch Korn, trat als Erwerbsquelle mehr und mehr zurück, bis er schließ-
Fleisch und Milch unterlagen einem Ablieferungssoll) ganz lich ganz eingestellt wurde. Noch heute fragt sich Hans Stef-
wichtig, denn sonst gab es Unannehmlichkeiten. Gemüse fen, ob die Kunden je ermessen haben, wie viel Arbeit die
durften Steffens an ihre Kunden damals nur noch gegen Vor- Pflanzen und das Gemüse machten, ehe diese Produkte über-
lage von Gemüsemarken verkaufen, die von Frau Steffen haupt zum Verkauf angeboten werden konnten - sei es auf
vorschriftsmäßig entwertet werden mussten, indem sie mit dem Marktstand in Kiel oder auf dem Tisch in Spitzenrade.
der Schere eine Ecke abschnitt. Gerlind Lind
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