Page 12 - Quarnbek 11
P. 12
12 CHRONIK
Fotos: Familie Steffen
Von Sellerie und Suppengrün -
Hans Steffen erzählte vom Gemüseanbau in Spitzenrade
Viele von uns in Quarnbek erinnern sich bestimmt noch an
den großen Verkaufstisch mit Wurzeln, Porree, Kartoffeln
usw. auf dem Hof des Hauses Steffen in Spitzenrade (ge-
genüber der Abzweigung nach Rajensdorf). Ab 1986 bot Fa-
milie Steffen hier für Einheimische und vor allem auch für
vorbeifahrende Kronshagener und Kieler frisches Gemüse
an. Diese dörfliche Einkaufsmöglichkeit wurde Ende der
neunziger Jahre aufgegeben, weil der Wochenmarkt in
Kronshagen zunehmend Kunden abzog und weil die wach-
sende Zahl der Läden von Discountern im Umfeld der Ge-
meinde Quarnbek mit ihren Billigangeboten das Geschäft
verdarben. Hans Steffen und Erna Wichelmann Anfang der 60er Jahre auf
dem Exer
Dieser Verkaufstisch war nur ein letztes Kapitel in der Ge-
schichte des Gemüseanbaus auf dem Hof Steffen. 1928 hat-
ten Emil und Christine Steffen, die bis dahin in Meimersdorf
lebten, das Anwesen in Spitzenrade aus einem Konkurs er-
worben. Mit viel Fleiß bauten sie hier für sich und ihre vier
Kinder eine selbständige Existenz als Gemüsebauern auf.
Errichtet hatte das heutige Haus Steffen 1920/21 der Ansied-
ler Obitz, worüber sogar in der Stamper Schulchronik be-
richtet wurde. Damals hatte die Regierung auf der Basis des
Reichssiedlungsgesetzes von 1919 u.a. festgelegt, dass von
großen Grundbesitzungen - so auch vom Gut Quarnbek -
Flächen für Siedlungsstellen zur Verfügung gestellt werden
mußten. Dieses Land wurde von der gemeinnützigen Schles-
wig-Holsteinischen Höfebank an die Neusiedler verkauft.
Durch die sich Ende der zwanziger Jahre dramatisch ver-
schlechternde Wirtschaftslage kam mancher dieser Siedler in
Bedrängnis und war zum Verkauf gezwungen. Haus Steffen, aufgenommen Mitte der 50er Jahre. Im Garten sind
deutlich die Frühbeete zu erkennen.
Emil und Christine Steffen mußten auf ihrer neu erworbenen
Hofstelle hart arbeiten, denn sie spezialisierten sich neben
dem Gemüseanbau und -verkauf auf die Anzucht von Jung-
pflanzen. Dafür benutzten sie mindestens zehn große Beet-
kästen von je 10 m Länge und 2 m Breite als Mistbeete. Be-
reits im Februar wurden diese Beete vorbereitet. Dazu mus-
ste zunächst die alte Erde ausgeschaufelt werden. Dann wur-
de von Quarnbek mit dem Pferdefuhrwerk so viel frischer
Pferdemist geholt, dass die Kästen etwa 50 cm hoch mit Mist
aufgefüllt werden konnten. Dieser wurde festgetrampelt und
anschließend wurde die vorher ausgeschaufelte Erde darüber
verteilt.
In diese Packung aus Mist und Erde wurde gesät, z.B. ver-
schiedene Kohlsorten, Wurzeln, Sellerie, Salat und Tomaten.
Damit sich die natürliche Wärme des verrottenden Pferdemi-
stes möglichst lange hielt, wurden die Beetkästen mit großen
Frühbeetfenstern abgedeckt. Diese wertvollen Glasfenster
wurden im Herbst und Winter separat im Schuppen verwahrt.
Als ganz besonders mühsam und zeitaufwändig hat Hans
Steffen, 1935 in Spitzenrade geboren, das ständige Verziehen
und Auseinanderpflanzen (Pikieren) der kleinen Jungpflan-
zen in Erinnerung.
Zu der Arbeit auf der Hofstelle, wo auch noch 4 bis 5 Kühe
zu versorgen waren, kam in der Saison der Verkauf der Pflan-
zen und des Gemüses auf dem Wochenmarkt auf dem Exer in
Christine Steffen in den 30er Jahren auf dem Wochenmarkt in Kiel. Kiel, denn Familie Steffen praktizierte von Anfang an die in-