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                                                                                                                 Fotos: Familie Steffen
          Von Sellerie und Suppengrün -
          Hans Steffen erzählte vom Gemüseanbau in Spitzenrade

          Viele von uns in Quarnbek erinnern sich bestimmt noch an
          den großen Verkaufstisch mit Wurzeln, Porree, Kartoffeln
          usw. auf dem Hof des Hauses Steffen in Spitzenrade (ge-
          genüber der Abzweigung nach Rajensdorf). Ab 1986 bot Fa-
          milie Steffen hier für Einheimische und vor allem auch für
          vorbeifahrende Kronshagener und Kieler  frisches Gemüse
          an. Diese dörfliche Einkaufsmöglichkeit wurde Ende der
          neunziger Jahre aufgegeben, weil der  Wochenmarkt in
          Kronshagen zunehmend Kunden abzog und weil die wach-
          sende Zahl der Läden von Discountern im Umfeld der Ge-
          meinde Quarnbek mit ihren Billigangeboten das Geschäft
          verdarben.                                           Hans Steffen und Erna Wichelmann Anfang der 60er Jahre auf
                                                               dem Exer
          Dieser Verkaufstisch war nur ein letztes Kapitel in der Ge-
          schichte des Gemüseanbaus auf dem Hof Steffen. 1928 hat-
          ten Emil und Christine Steffen, die bis dahin in Meimersdorf
          lebten, das Anwesen in Spitzenrade aus einem Konkurs er-
          worben. Mit viel Fleiß bauten sie hier für sich und ihre vier
          Kinder eine selbständige Existenz als Gemüsebauern auf.
          Errichtet hatte das heutige Haus Steffen 1920/21 der Ansied-
          ler Obitz, worüber sogar in der Stamper Schulchronik be-
          richtet wurde. Damals hatte die Regierung auf der Basis des
          Reichssiedlungsgesetzes von 1919 u.a. festgelegt, dass von
          großen Grundbesitzungen - so auch vom Gut Quarnbek -
          Flächen für Siedlungsstellen zur Verfügung gestellt werden
          mußten. Dieses Land wurde von der gemeinnützigen Schles-
          wig-Holsteinischen Höfebank an die Neusiedler verkauft.
          Durch die sich Ende der zwanziger Jahre dramatisch ver-
          schlechternde Wirtschaftslage kam mancher dieser Siedler in
          Bedrängnis und war zum Verkauf gezwungen.            Haus Steffen, aufgenommen Mitte der 50er Jahre. Im Garten sind
                                                               deutlich die Frühbeete zu erkennen.


                                                               Emil und Christine Steffen mußten auf ihrer neu erworbenen
                                                               Hofstelle hart arbeiten, denn sie spezialisierten sich neben
                                                               dem Gemüseanbau und -verkauf auf die Anzucht von Jung-
                                                               pflanzen. Dafür benutzten sie mindestens zehn große Beet-
                                                               kästen von je 10 m Länge und 2 m Breite als Mistbeete. Be-
                                                               reits im Februar wurden diese Beete vorbereitet. Dazu mus-
                                                               ste zunächst die alte Erde ausgeschaufelt werden. Dann wur-
                                                               de von Quarnbek mit dem Pferdefuhrwerk so viel frischer
                                                               Pferdemist geholt, dass die Kästen etwa 50 cm hoch mit Mist
                                                               aufgefüllt werden konnten. Dieser wurde festgetrampelt und
                                                               anschließend wurde die vorher ausgeschaufelte Erde darüber
                                                               verteilt.
                                                               In diese Packung aus Mist und Erde wurde gesät, z.B. ver-
                                                               schiedene Kohlsorten, Wurzeln, Sellerie, Salat und Tomaten.
                                                               Damit sich die natürliche Wärme des verrottenden Pferdemi-
                                                               stes möglichst lange hielt, wurden die Beetkästen mit großen
                                                               Frühbeetfenstern abgedeckt. Diese wertvollen Glasfenster
                                                               wurden im Herbst und Winter separat im Schuppen verwahrt.
                                                               Als ganz besonders mühsam und zeitaufwändig hat Hans
                                                               Steffen, 1935 in Spitzenrade geboren, das ständige Verziehen
                                                               und Auseinanderpflanzen (Pikieren) der kleinen Jungpflan-
                                                               zen in Erinnerung.
                                                               Zu der Arbeit auf der Hofstelle, wo auch noch 4 bis 5 Kühe
                                                               zu versorgen waren, kam in der Saison der Verkauf der Pflan-
                                                               zen und des Gemüses auf dem Wochenmarkt auf dem Exer in
          Christine Steffen in den 30er Jahren auf dem Wochenmarkt in Kiel.  Kiel, denn Familie Steffen praktizierte von Anfang an die in-
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