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6 CHRONIK
„Leben wie im Paradies – manchmal auch gefährlich“:
Kindheitserinnerungen an die Schleuse Strohbrück
Durch meinen Fehler beim Zitieren des Namens des Nach- das Streichen der vielen Geländer mit weißer Farbe gehörte.
folgers von Bruno Brügmann im Amt des Schleusenwärters Beim Teeren der Spundwände, das ebenfalls zu den Aufga-
in der Anmerkung unter der Erzählung von Marga Sävke ben des Schleusenwärters zählte, erlitt Günter Kruse einmal
(„Unsere schöne Gemeinde Quarnbek“, Ausgabe 53, S.8) eine schwere Vergiftung, weil wegen hoher Außentemperatu-
lernte ich Elke Metz, geborene Kruse, kennen. Daraus erga- ren die bei der Arbeit aufsteigenden Dämpfe aus der Schleu-
ben sich unerwartet viele Informationen zum Leben an der senkammer nicht abziehen konnten. Für die technische War-
Schleuse ab 1959, wofür ich der Familie danke, weil dadurch tung der Schleuse kamen Taucher aus Holtenau vom Wasser-
die Schleusengeschichte aus der Perspektive einer Schleu- und Schifffahrtsamt.
senwärterfamilie fortgesetzt werden kann.
Am 14. Dezember 1958 unter-
zeichnete Günter Kruse als neu-
er Schleusenwärter den Miet-
vertrag für die Dienstwohnung.
Er stammte aus Schinkel, dort
geboren 1932, hatte das Schus-
terhandwerk erlernt. Schon sein
Vater war in Schinkel Schuster
gewesen, betrieb zugleich eine
Landwirtschaft. Der Einzug der
Familie Kruse auf der Schleu-
se Strohbrück erfolgte aber erst
Ende Februar 1959, denn Gün-
ter Kruses Frau Christa (später
verheiratete Reese, Rajensdorf) Christa Kruse Kinderparadies an der Schleuse
Schleusenwärter Günter wollte erst noch die Geburt ihres Christa Kruse trug viel zur Versorgung der großen Familie
Kruse dritten Kindes abwarten. bei. Sie hatte 2000 Quadratmeter Land „unter dem Spaten“ –
Mit dem neugeborenen Baby und den beiden älteren Kin- ein Vorrat von 300 Weckgläsern mit Eingemachtem und bis
dern Renate und Holger zog das Ehepaar Kruse im Dienst- zu 100 Gläser Sirup und Marmelade waren üblich. Auf dem
haus der Schleuse ein. Anfangs wohnte im Obergeschoss Pachtland bis zum Schwarzen Loch wurden zur Selbstver-
noch der Amtsvorgänger Bruno Brügmann, bis dessen Haus sorgung Nutztiere gehalten: Schweine, Geflügel, Schafe und
in der Nachbarschaft fertiggestellt war. Später wurden im zwei Kühe. Oft fuhr man mit dem Ruderboot zum Melken,
Diensthaus noch die Kinder Nils und Astrid Kruse geboren. manchmal auch, um die Kühe zu suchen. Die Kühe wurden
Bei diesen Hausgeburten wurde der in der Gegend bekann- später abgeschafft, die Milch beim Bauern Klindt in der
te Landarzt Dr. Schmidt aus Schinkel, der nahe der Fähre Nachbarschaft geholt. Ein Teil davon wurde auf die Fens-
Landwehr wohnte (Plotzenbrook), hinzugezogen. terbank gestellt, um Dickmilch zu bekommen. Diese wurde
Günter Kruse musste nicht nur die Schleusungen der Schiffe dann mit Zucker und Schwarzbrot gegessen – köstlich!
mit Muskelkraft erledigen. Dafür wurden für den Zu- oder Um in den sieben Räumen des Diensthauses die Öfen zu
Abfluss des Wassers die Öffnungen in den Schleusentoren, heizen, wurde im Holmer Moor Torf gestochen. In stren-
die Schotten, per Hand mittels Kurbeln geöffnet bzw. ge- gen Wintern floss im Stall kein Wasser mehr. Das Wasser
schlossen. Auch die Brücke über die Schleuse musste auf zur Versorgung der Tier musste dann aus dem Umlaufkanal
diese körperlich anstrengende Weise bewegt werden. Au- (Freigerinne) der Eider geholt werden. Dabei wurde oft die
ßerdem hatte Günter Kruse – wie schon seine Vorgänger – Kleidung nass, so dass der Mantel manchmal mit Eiszapfen
das gesamte Schleusengelände zu pflegen, wozu z.B. auch „geschmückt“ war. Wenn sich auf dem Nord-Ostsee-Kanal
Schleuse mit Brücke und Anleger Eine der Handkurbeln für den Schleusenbetrieb