Page 20 - Quarnbek 60
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          Stoppelfelder: ein artenreiches Idyll in der kalten Jahreszeit

           Die schöne, ruhige Herbstzeit. In den 80er Jahren, den Jahren meiner Kindheit, bedeutete das neben langen Wanderungen
           durch das bunte Herbstlaub oder der Apfelernte auch das Drachen-steigen-lassen auf den Stoppelfeldern. Und die Reiter und
           Reiterinnen im Freundeskreis erfreuten sich, nun mit den Pferden über die ausgedehnten Stoppelfelder ausreiten zu können.
           Die Felder waren oft bunt, vieles blühte. Doch die Stoppelfelder sind inzwischen fast verschwunden aus unserer Landschaft.
           Warum eigentlich und wieso ist das für viele heimische Tierarten problematisch?


           Was genau ist eigentlich ein Stoppelfeld?
           Ein Stoppelfeld ist ein abgeernteter Getreideacker, bei dem nach der Ernte die unteren Stängelteile von Weizen, Gerste, Hafer
           oder Roggen stehen bleiben. Die Ernte erfolgt, je nach Getreideart, zwischen Anfang Juli und Mitte August. Wenn der Acker

           nicht im Anschluss umgepflügt wird, ist auf den Stoppelfeldern noch viel Zeit für Wildkräuter und Blumen, um auszukeimen
           und bis zur Blüte zu gelangen. Auch die bei der Ernte herunter gefallenen Getreidekörner keimen erneut aus und bilden einen
           grünen Teppich. Vieles blüht jetzt um diese Jahreszeit noch, etwa die Kamille, verschiedene Kleearten oder das Habichtskraut.
           Die Landschaft bekommt noch einmal ordentlich Farbe.


           Davon zu unterscheiden sind Maisstoppelfelder. Die Maisernte ist deutlich später als die Getreideernte (meist Ende September
           bis Mitte Oktober). Die Vegetationsperiode ist jetzt weitestgehend abgeschlossen und es bildet sich deutlich weniger neue
           Spontanvegetation als auf einem abgeernteten Getreidefeld.


           Die Bedeutung der Stoppelfelder für Wildtiere
           Stoppelfelder bieten für viele Tierarten einen reich gedeckten Tisch und außerdem den in den Wintermonaten wichtigen
           Unterschlupf und Deckung. Wer über ein Stoppelfeld im Herbst läuft, wird schnell einen Hasen, ein paar Rehe oder Fasane
           entdecken, mit viel Glück sogar eine Kette von Rebhühnern. Auch Goldammern, Feldsperlinge, Stieglitze und Hänfl inge su-
           chen die Reste der Getreideernte oder fressen die Samen der gewachsenen Wildkräuter. Den Mäusebussard und Turmfalken
           können wir auf der Jagd nach Mäusen beobachten. An feuchteren Stellen sitzen sogar oft Zugvögel, die sich hier ausruhen und
           Nahrung suchen, wie etwa die Bekassine, die Waldschnepfe oder die seltenere Zwergschnepfe.
           Und zahlreiche Insekten bevölkern noch spät im Jahr die blühenden Pflanzen. Hinter meinem Haus in Westensee ist ein großes

           Stoppelfeld auf einem biologisch bewirtschaftetem Acker. Über viele Wochen blühte hier noch flächendeckend die Kamille. Was

           für ein wichtiges Refugium für Insekten das war, wurde deutlich, wenn man genau hinschaute: fast überall labten sich Schweb-








































                                                Goldammer                                                  Rehe
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