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Quarnbek29.qxd  04.04.2011  13:24 Uhr  Seite 15






              NICOLETTA                                                                                          15


              Nicoletta plappert alles nach                         Gute Kost lässt das Gefieder in schönen Farben leuchten,
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              Ein Papagei braucht zum Sprechen lernen aber          spitzen, bis zum feuerroten Schwanz.
              viel Kontakt und Zuwendung                            Hat sich ein Papagei entschlossen, die „Ehe“ mit der mensch-
                                                                    lichen Gemeinschaft anzunehmen, das Futter zu akzeptieren
                                                                    und sich im großzügigen Käfig wohl zu fühlen, kann man
                                                                    versuchen ihm erste leichte Pfeiftöne beizubringen. „Erstaunt
                                                                    stellte ich fest, dass ein Jako einen Ton schon nach wenigen
                                                                    Versuchen einwandfrei wiedergeben kann.“ Je nach „Intelli-
                                                                    genz“ des Tieres nimmt er schnell weitere Töne auf, quietscht
                                                                    wie eine Tür, klingelt wie ein Telefon oder zitiert wenn man
                                                                    möchte, aus Goethes Faust.
                                                                    „Mein Jako imitiert Geräusche, wobei das menschliche Ohr
                                                                    nicht in der Lage ist zu unterscheiden, ob ein Glas zerbro-
                                                                    chen ist oder der Papagei wieder seinen Schabernack trieb.
                                                                    Ich glaube, mein Nico ist so ein Künstler.“ Klingelt das Tele-
                                                                    fon, ruft er laut: „Ulla, hallo, hallo,“ öffne ich den Kühl-
                                                                    schrank, schreit er schon: „Rolf, kein Bier, komm mal her,
                                                                    Köpfchen kraulen“, beschimpft sich selbst, wenn das Tempe-
                                                                    rament mit ihm durchgeht: „Nicht so laut, du böser Vogel, es
                                                                    ist ja alles so gut“, und verabschiedet man sich von ihm, sagt
                                                                    er leise: „Tschüs!“
                                                                    Plinius der Ältere (23 n. Chr.)schrieb schon über die Sprech-
                                                                    begabung der Papageien und gab auch „zweifelhafte“ Rat-
              Rolf Herrmann aus Quarnbek besitzt seit 40 Jahren einen  schläge, wie man ihnen das Nachsprechen beibringen könn-
                Jako, einen Graupapagei (Psitacus erithacus), der auf den Na-  te: „Man nehme einen Stock, so hart wie ein Papageien-
              men Nico hört.                                        schnabel und schlage damit dem Vogel auf den Kopf…“
              Diese Tiere verlangen von Ihrem Besitzer viel Zuwendung.  Rolf Herrmann sagt: „Vielleicht sollte ich noch auf die viel-
              Wer sich also entschließt, einen „Grauen“ zu erwerben, soll-  gefürchtete „Papageienkrankheit“ (Psittacosis) eingehen.
              te sich darüber klar sein, dass Liebe zum Tier und viel Ge-  Heutzutage braucht niemand mehr allzu besorgt sein, denn
              duld unbedingt erforderlich sind, will man nicht eine frus -  durch die Anwendung neuzeitlicher Arzneimittel (Antibioti-
              trierte, langsam vor sich hinsiechende Kreatur als „Dekora-  ka) ist die Heilung der früher oft tödlich verlaufenden Krank-
              tion“ in der Wohnung herumstehen haben.               heit gewährleistet.“ Papageien sind nicht die einzigen Träger
              Wenn Papageien einzeln gehalten werden, ist das eine unbe-  dieser Krankheitskeime, sondern etwa 100 andere Vogelarten
              absichtigte Tierquälerei. Denn Jakos sind Gesellschaftstiere,  auch, zum Beispiel Tauben, Haushühner, Enten, Spatzen,
              die in Scharen den tropischen Regenwald Westafrikas durch-  Drosseln und Kanarienvögel.
              streifen. Dort können sie für die Bewohner zur Plage werden,  „Es gibt noch vieles über diese interessanten Vögel zu be-
              wenn sie zum Beispiel die Getreidefelder plündern.    richten und ich möchte jedem, der sich einen Jako anzu-
              Gerät so ein Tier in eine menschliche Gemeinschaft, gibt es  schaffen gedenkt, raten, Fachliteratur zu studieren, dann wird
              als Ausweichskontakt, als Ersatz für den Schwarm, eben nur  auch er, wie ich, viel Freude am Jako finden. Sollte meine
              diejenigen, die sich besonders um ihn kümmern und ihn lie-  Nicoletta weitere 40 Jahre leben, wäre ich so alt wie Johan-
              bevoll pflegen. Dann nämlich, wenn der zahme Jako munter  nes Heesters – sind das nicht rosige Aussichten?“, fragt sich
              plappert, im Käfig herum klettert und dem Zuschauer ver-  der stolze Besitzer Rolf Herrmann.
              gnügt erscheint, müsste er besonders traurig sein. Dieses Ver-
              halten zeigt er in seiner natürlichen
              Umgebung als Imponiergehabe.
              „Erstaunlich“ sagt Rolf Herrmann, „ist dennoch, dass Papa-
              geien dieser Art in der Gefangenschaft eine höhere Lebens-
              erwartung haben, als die in freier Wildbahn lebenden.“ So
              kann der bis etwa 35 cm große Jako 60 Jahre und in Ausnah-
              mefällen 80 Jahre leben und damit vielleicht sogar länger als
              seine Besitzer.
              Voraussetzung dafür ist zunächst das richtige, möglichst ab-
              wechslungsreiche Futter. „Ich füttere meinen Jako mit dem
              sogenannten Papageienfutter, welches in hiesigen Märkten zu
              bekommen ist. Allerding ohne Erdnüsse, die gibt es im West-
              en Afrikas nämlich nicht.“ Im Laufe des Zusammenlebens
              kennt man die Geschmacksrichtung seines Tieres und weiß
              dann auch, dass er gerne Gekochtes, wie Kartoffeln, Möhr-
              chen sowie Ei zu sich nimmt. Der Nahrungszufuhr sind mei-
              nem Papagei keinerlei Grenzen gesetzt.
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