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10 CHRONIK
Die Fischer vom Flemhuder See wurde vom Pächter des Gutes Quarnbek, Hilmers, als dem
„Reisemarschall“ geführt. In dem Abschnitt zu Flemhude
Die Internetseite des Gasthofs Lafrenz in Hamdorf westlich heißt es in dem Protokoll: „Alle beeilten sich zu Wagen, um
von Rendsburg an der Eider enthält einen Hinweis, der sich von Hohenschulen eiligst dem lieblichen Flemhude zuzuei-
auf den Flemhuder See bezieht. Erwähnt wird, dass die Vor- len. [ ... ] Wer sollte dem im Thale liegenden, kleinen freund-
fahren des jetzigen Gastwirts, Hermann Lafrenz, sich vor et- lichen Pfarrhause es vorher angesehen haben, daß aus dem
wa 125 Jahren in Hamdorf angesiedelt hätten, weil sie wegen Fenster daselbst eine so romantische Aussicht sei. Hinter dem
des Baus des Nord-Ostsee-Kanals aus ihrer Heimat Flemhu- Hause befindet sich ein kleiner Garten, an den unmittelbar
de hätten auswandern müssen. In Flemhude habe die Fami- der Flemhuder See stößt. Dies Gewässer mit den anmuthig
lie selbstständig Fischerei betrieben. Nach der Übersiedlung umliegenden Ufern bietet dem Auge ein gar herrliches
habe man in Hamdorf eine Gastwirtschaft übernommen und Schauspiel. Um diesen Anblick noch freier und größer haben
nebenbei Landwirtschaft und Fischerei betrieben. Was es mit zu können, verließ die Gesellschaft das Haus, und begab sich
diesem erzwungenen Ortswechsel auf sich hat, soll hier an das Ufer des Sees, wo in demselben Augenblicke gerade
untersucht werden. die noch strahlende Sonne allmälig verschwand, und dadurch
die schönste Beleuchtung hervorbrachte. Diese scheidende
Sonne mahnte aber auch zum Abschiede, und mußte jetzt
zum Aufbruch gerüstet werden, da die Reisenden noch Ver-
gnügen äußerten, Schleswigs Boden zu berühren. - Wenn nun
auch die Trennung beeilt wurde, und kaum so viel Zeit war,
den liebenswürdigen Bewohnern der Pfarre [der Familie des
Pastors C. N. Kähler – K. D.]den Dank für die überaus
freundliche Aufnahme gehörig abstatten zu können, so bleibt
doch gewiß auch jedem von uns Flemhude eine angenehme
Erinnerung. Sollte es auch keinem von uns im Leben ver-
gönnt sein, dies kleine Eldorado wiederzusehen, unserem
Herzen ist es unvergeßlich geworden.“
Seit der Besiedlung des Gebietes im 13. Jahrhundert wurde
der Fischreichtum des Sees genutzt. Der erste Flemhuder Fi-
scher, der im ältesten Flemhuder Kirchenbuch namentlich
genannt wird, ist Hans Gram. Von ihm wissen wir aber nur,
Abb 1: Das Messtischblatt von Abb 2: Das Blatt mit den dass am 16. August 1692 sein Sohn Bartram getauft wurde
1877 gibt den Zustand des Nachträgen von 1921 zeigt die
Flemhuder Sees vor dem Bau Ausdehnung nach dem Kanal- und dass der Fischerkollege Bartram Lensche aus Schinkel
des Nord-Ostsee-Kanals wie- bau und der Kanalerweiterung. Pate stand. Etwas mehr erfahren wir über einen der Nachfol-
der (Mit Dank an das Landes- Nicht nur die Fläche ist ver- ger, Lorenz Dahl. Drei Kinder, die alle das Konfirmationsal-
vermessungsamt Schleswig- kleinert, auch der Wasserspie- ter erreichten, notiert Pastor Lorens. Wieder wird das beson-
Holstein) gel wurde um sieben Meter dere Verhältnis zu den Berufskollegen deutlich, denn bei den
abgesenkt. (Mit Dank an das
Landesvermessungsamt beiden jüngeren Kindern standen Mitglieder der Fischerfa-
Schleswig-Holstein) milie Brammer aus Marutendorf Pate. Aus der mitfühlenden
Notiz des Pastors über den Brand des Fischerhauses in Flem-
hude am späten Abend des 7. August 1730 erfahren wir wei-
Zunächst verwundert, dass August Hinrich Lafrenz den Gast- tere Details. Pastor Lorens kann sich nämlich die Brandursa-
hof in Hamdorf bereits 1881, also einige Jahre vor dem Bau- che nicht erklären, da das Paar sich mittags mit „kalter Spei-
beginn des Kanals, kaufte. Ein Teil der Erklärung ist darin zu se“ beholfen und auch abends „kein Feuer gebraucht“ habe.
erkennen, dass im 1881 erschienenen Erläuterungsbericht zu Lorens Eintrag ins Kirchenbuch schließt mit dem Wunsch
den damaligen Planungen von einer Zerstörung des Sees aus- „Gott helfe den alten, ehrlichen Leuten“.
gegangen wurde. Der 234 Hektar große Süßwassersee, der
über Jahrhunderte die Fischerfamilien ernährte und die Den Dahls folgte die erste Generation aus der Fischerfamilie
Flemhuder mit Fisch versorgt hatte, sollte abgesenkt und mit Lafrenz, deren Schreibweise in den Flemhuder Kirchenbü-
Baggermaterial verfüllt werden. chern mit den jeweils eintragendem Pastoren über die Jahr-
hunderte hinweg variiert. Spätestens 1748 war die Fischerei
Ein Bericht des mecklenburgischen Gutsbesitzers Mühlen- im Quarnbeker Anteil des Flemhuder Sees von der Gutsherr-
bruch gibt einen Eindruck von dem noch unzerstörten See. schaft an Claus Lafrenz übertragen worden. Auf diese Fami-
Er entstand als Teil eines Protokolls einer Exkursion deut- lie bezieht sich die am weitesten zurückreichende Eintragung
scher Land- und Forstwirte. Der Exkursionstag, der 9. Sep- im ältesten Flemhuder Kirchenbuch. Demnach ist die Fi-
tember 1847, war ein kühler Frühherbsttag. Morgens um 8.00 scherfamilie bereits um 1600 zunächst in Ihlkate bei Russee
Uhr hatten sich etwa 50 Teilnehmer der XI. Versammlung und dann in Schönwohld nachweisbar. Nicht als Leibeigener,
deutscher Land- und Forstwirte auf dem Marktplatz in Kiel sondern als freier Pächter hatte der Vater des ersten Flemhu-
versammelt. Ziel dieser Ausfahrt waren die Güter Maruten- der Lafrenz, Peter Lafrenz, zwischen 1733 und 1743 die Fi-
dorf und Quarnbek. Die Kolonne aus 18 Kutschen, die für die scherei in einem Teil des Westensees. Die beiden Brüder wa-
Aufnahme der 50 Teilnehmer bereit gestellt worden war, ren Pächter des Brahmsees und des Selenter Sees.