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FREIZEITAKTIVITÄTEN IN UND UM QUARNBEK                                                              15


         „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“

                                   Diesen Sinnspruch, der dem   Als wir 1970 nach Schleswig-Holstein kamen, merkten wir
                                   Dichter J.W. von Goethe zu-  schnell, dass hier zu Fuß gehen als Freizeitbeschäftigung
                                   geschrieben wird, betrach-  kaum eine Rolle spielte. Segeln, Radfahren, Reiten – aber
                                   tet mancher vermutlich mit   Wandern? Dabei weiß ich inzwischen, dass es auch hier
                                   Skepsis. Sich mit Hilfe tech-  schon lange eine Wanderbewegung gibt. „Auch in Nord-
                                   nischer Transportmittel wie   deutschland war schon früh der Drang, die Natur aufzusu-
                                   Schiffe, Fahrräder,  Autos,   chen und die nähere Heimat kennenzulernen, zu spüren. So
                                   Flugzeuge fortzubewegen,    kam es bereits 1864 zu Gründung eines Touristenvereins in
                                   erscheint vielen Menschen   Altona und zu weiteren Zusammenschlüssen von Gleichge-
                                   wesentlich attraktiver. Nicht   sinnten“, heißt es auf der Homepage des Wanderverbandes
                                   mehr zu Fuß gehen zu müs-   Norddeutschland e.V., der 2008 sein 125-jähriges Bestehen
                                   sen, war früher ein Zeichen   feierte. Und doch hing dem Wandern vor allem seit der An-
         für Wohlstand, für gesellschaftlichen Aufstieg. Damit hob   fang des 20. Jahrhunderts entstandenen Bewegung der Wan-
         man sich vom sogenannten gemeinen Volk ab - so wie auch   dervögel ein besonderes Image an: Gruppen von Frauen und
         dessen Bräune der Haut keineswegs geschätzt wurde, weil   Männern in Knickerbockern (Kniebundhosen) mit einem
         diese mit körperlicher Arbeit an der frischen Luft verknüpft   Lied auf den Lippen.
         wurde. Wer es sich leisten konnte, ließ sich in einer Sänfte   Inzwischen hat sich das grundlegend verändert, nicht nur
         tragen, stieg auf ein Pferd oder fuhr in einer Kutsche. „Mit   was die Kleidung und das Singen angeht. Noch gesteigert
         der industriellen Revolution und dem Anbrechen des Eisen-  durch die Einschränkungen der Corona-Regeln entdecken
         bahnzeitalters erfasste nun auch den Pöbel die Zäsur: Tod   immer mehr Menschen, auch gerade Jüngere, den Reiz des
         der Selbstbewegung!“ schrieb Christina Geyer in einem Bei-  Wanderns. Diese Art des Gehens passt in unsere Zeit, denn
         trag zur Geschichte des Wanderns (Magazin Berg Welten,   viele (noch immer nicht genügend) wollen etwas anderes
         November 2017).                                       erleben als Lärm und Tempo, als ressourcenverbrauchendes
         Im 19. Jahrhundert erkannte aber schon mancher die Gefahr,   Freizeitverhalten. Wandern verursacht weniger Kosten, so-
         die von zu viel „Sitzfleisch“ ausgeht: „So wenig als mög-  wohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft. Man

         lich sitzen; keinem Gedanken Glauben schenken, der nicht   benötigt keine teure Ausrüstung, keine ausgebauten Wege,
         im Freien geboren ist und bei freier Bewegung, in dem nicht   keine Fitnessgeräte, keine Sportstätten.
         auch die Muskeln ein Fest feiern“, zitiert Geyer in ihrem Ar-  Passend zu dem Spruch: „Es gibt kein schlechtes Wetter, es
         tikel den Philosophen Friedrich Nietzsche.            gibt nur ungeeignete Kleidung“ ist Wandern das ganze Jahr























         Herrenhaus Emkendorf             Vollstedter See                         Am  unteren Schierenseebach



















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