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12 NATUR UND UMWELT
Silberreiher – elegante Wintergäste aus Südeuropa
Fast jeder hat sie in den letzten Monaten irgendwo gese-
hen: vielleicht auf der „Blauen Wiese“ bei Westensee, auf
den Spülfeldern Flemhude oder einfach irgendwo auf einem
Feld stehend oder in einem Graben auf der Nahrungssuche:
die auffälligen, schönen Silberreiher. Sie sind etwas größer
als unsere nah verwandten Graureiher und zeigen ein rein
weißes Gefieder. Der Schnabel ist gelb und die Beine sind
schwarz. Zur Brutzeit haben sie lange Schmuckfedern im
Schulterbereich und der Schnabel ist dann nicht mehr gelb,
sondern schwarz.
Doch woher kommen diese großen, weißen Vögel, deren
Heimat doch weit weg liegt und warum verbringen sie den
Winter bei uns? Sie brüten eigentlich fast auf der ganzen
Welt, nur in Schleswig-Holstein noch nicht. Die Vögel, die
uns hier besuchen, brüten in der Ukraine und in Südostpolen,
vielleicht auch am Neusiedler See. Die Anzahl der Brutpaare
ist dort in den letzten zwanzig Jahren deutlich angestiegen.
Nach dem Ende der Brutzeit, ab Juli/August streifen die
Jungvögel und später auch die Altvögel durch die Gegend.
Viele bleiben in den Brutgebieten, aber ein Teil der Populati-
on wandert in das nördliche Mitteleuropa und sogar bis nach
Skandinavien. Das ist eigentlich ein untypisches Verhalten,
schließlich ziehen ja fast alle Zugvögel nach Süden! Aber
für die Silberreiher ist Mitteleuropa offensichtlich ein aus-
gesprochen geeignetes Überwinterungsgebiet: es gibt viele
fischreiche Gewässer, die durch die milden Winter kaum
noch zufrieren. Und selbst wenn die Fische nicht erreichbar
sind durch eine Eisdecke, können die Silberreiher sich auch
von Mäusen ernähren – genauso wie es auch unser Graurei-
her macht.
Außerdem werden die Silberreiher hier – im Gegensatz zu
ihren Brutgebieten – nicht bejagt, auch das spricht sehr für
Mitteleuropa als Überwinterungsgebiet. Nach der Ankunft
im Herbst sind die eleganten Vögel auch noch recht scheu,
verlieren dann aber zunehmend ihre Angst vor Menschen.
Früher wurden Silberreiher übrigens in ganz Europa sehr
stark bejagt und fast ausgerottet. Die Schmuckfedern des
Brutkleids waren begehrter Hutschmuck bei den modebe-
wussten Damen. Glücklicherweise haben die Naturschutz-
verbände wie der Nabu sich frühzeitig für ein Jagdverbot
eingesetzt.
Mittlerweile verbringen etwa 1000 Silberreiher die Winter-
monate in Schleswig-Holstein, die meisten entlang der Plö-
ner und Ratzburger Seenplatten sowie der Unterelbe. Doch
auch am Westensee waren dieses Jahr schon bis zu 140 Vö-
gel, häufig gemeinsam mit ähnlich vielen Graureihern – wel-
che sich untereinander im übrigen gut vertragen. Die Zahl
ist in den letzten Jahren immer mehr angewachsen und so
kommt auch jeden Spätwinter wieder die Hoffnung auf, dass
einige Vögel bei uns bleiben und einen Brutversuch wagen...
Es gibt schon die ersten Brutpaare in Dänemark, Mecklen-
burg, Holland. In Schweden glückte sogar eine Mischehe
zwischen Grau- und Silberreiher! Für unsere Vogelwelt wäre
eine Ansiedlung eine Bereicherung für unsere Artenvielfalt
und sowohl Nahrungs- wie auch Brutplätze wären ausrei-
chend verfügbar. Doch bislang verlassen sie uns leider im-
mer noch im März, und fliegen nach Südosteuropa zurück.