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         Silberreiher – elegante Wintergäste aus Südeuropa

         Fast jeder hat sie in den letzten Monaten irgendwo gese-
         hen: vielleicht auf der „Blauen Wiese“ bei Westensee, auf
         den Spülfeldern Flemhude oder einfach irgendwo auf einem
         Feld stehend oder in einem Graben auf der Nahrungssuche:
         die auffälligen, schönen Silberreiher. Sie sind etwas größer
         als unsere nah verwandten Graureiher und zeigen ein rein

         weißes Gefieder. Der Schnabel ist gelb und die Beine sind
         schwarz. Zur Brutzeit haben sie lange Schmuckfedern im
         Schulterbereich und der Schnabel ist dann nicht mehr gelb,
         sondern schwarz.
         Doch woher kommen diese großen, weißen Vögel, deren
         Heimat doch weit weg liegt und warum verbringen sie den
         Winter bei uns? Sie brüten eigentlich fast auf der ganzen
         Welt, nur in Schleswig-Holstein noch nicht. Die Vögel, die
         uns hier besuchen, brüten in der Ukraine und in Südostpolen,
         vielleicht auch am Neusiedler See. Die Anzahl der Brutpaare
         ist dort in den letzten zwanzig Jahren deutlich angestiegen.
         Nach dem Ende der Brutzeit, ab Juli/August streifen die
         Jungvögel und später auch die Altvögel durch die Gegend.
         Viele bleiben in den Brutgebieten, aber ein Teil der Populati-
         on wandert in das nördliche Mitteleuropa und sogar bis nach
         Skandinavien. Das ist eigentlich ein untypisches Verhalten,
         schließlich ziehen ja fast alle Zugvögel nach Süden! Aber
         für die Silberreiher ist Mitteleuropa offensichtlich ein aus-
         gesprochen geeignetes Überwinterungsgebiet: es gibt viele

         fischreiche Gewässer, die durch die milden Winter kaum
         noch zufrieren. Und selbst wenn die Fische nicht erreichbar
         sind durch eine Eisdecke, können die Silberreiher sich auch
         von Mäusen ernähren – genauso wie es auch unser Graurei-
         her macht.
         Außerdem werden die Silberreiher hier – im Gegensatz zu
         ihren Brutgebieten – nicht bejagt, auch das spricht sehr für
         Mitteleuropa als Überwinterungsgebiet. Nach der Ankunft
         im Herbst sind die eleganten Vögel auch noch recht scheu,
         verlieren dann aber zunehmend ihre Angst vor Menschen.
         Früher wurden Silberreiher übrigens in ganz Europa sehr
         stark bejagt und fast ausgerottet. Die Schmuckfedern des
         Brutkleids waren begehrter Hutschmuck bei den modebe-
         wussten Damen. Glücklicherweise haben die Naturschutz-
         verbände wie der Nabu sich frühzeitig für ein Jagdverbot
         eingesetzt.
         Mittlerweile verbringen etwa 1000 Silberreiher die Winter-
         monate in Schleswig-Holstein, die meisten entlang der Plö-
         ner und Ratzburger Seenplatten sowie der Unterelbe. Doch
         auch am Westensee waren dieses Jahr schon bis zu 140 Vö-

         gel, häufig gemeinsam mit ähnlich vielen Graureihern – wel-
         che sich untereinander im übrigen gut vertragen. Die Zahl
         ist in den letzten Jahren immer mehr angewachsen und so
         kommt auch jeden Spätwinter wieder die Hoffnung auf, dass
         einige Vögel bei uns bleiben und einen Brutversuch wagen...
         Es gibt schon die ersten Brutpaare in Dänemark, Mecklen-
         burg, Holland. In Schweden glückte sogar eine Mischehe
         zwischen Grau- und Silberreiher! Für unsere Vogelwelt wäre
         eine Ansiedlung eine Bereicherung für unsere Artenvielfalt
         und sowohl Nahrungs- wie auch Brutplätze wären ausrei-
         chend verfügbar. Doch bislang verlassen sie uns leider im-

         mer noch im März, und fliegen nach Südosteuropa zurück.
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